CRM Trend 2010: Service Revenue - Wenn der Service plötzlich verkauft

Hier ein kleines Stück, das vor zwei Monaten im Contact Management Magazin erscheinen ist:

Na klar: Die Gelegenheiten unserem Kunden etwas zu verkaufen werden zunehmend rar. Kaum ein Kunde möchte noch von einem Verkäufer angerufen werden. Was bleibt dem Unternehmen übrig als abzuwarten, bis der Kunden kaufen will? Dieser Artikel skizziert intelligente Herangehensweisen an den Verkauf über das Contact Center.

Eigentlich ist die Sache klar. Wer von uns selber ist schon hocherfreut, wenn wieder jemand zur Unzeit bei uns anruft, und Produkte und Dienstleistungen feilbietet, die man gerade nicht braucht? Kein Wunder also, dass Outbound Dienstleistungen zunehmend in der Kritik stehen. Manch ein Unternehmen fragt sich daher, was die Alternativen zum klassischen Outbound Sales sind. Da liegt es auf der Hand, Kundenkontakte für den Verkauf zu nutzen, die sich auf Initiative des Kunden ergeben. Verkauf ist ja an und für sich keine schlechte Sache, nur müssen halt Bedürfnisse, Zeitpunkt und der ideale Kommunikationskanal zusammen kommen, so dass ein Verkauf auch erfolgreich zustande kommt. Wie kann ein Unternehmen nun sich auf diese veränderten Rahmenbedingungen einstellen?

Es liegt bei derartigen Überlegungen nahe, zunächst an bereits bestehende Kunden zu verkaufen. „ Up- und cross-selling gehören heute zu den Standard-Aufgaben eines Call Center Mitarbeitenden, wobei diese Disziplin von Branche zu Branche unterschiedlich ausgeprägt ist“ sagt Alfons Livers, Head Customer Service Center bei der UBS AG. Recht hat er. Und genauso unterschiedlich sind die Fähigkeiten, die ein Unternehmen benötigt, um im Inbound Contact Center aktiven Verkauf leisten zu können. „Wichtig ist die richtige Infrastruktur“, sagt Pierre-Luc Marilley, Leiter des Customer Support Teams der Swisscom (Schweiz) AG für Privatkunden. So arbeitet die Swisscom bereits mit einem „Cross- und UpSelling-Modul“ für den Verkauf an bestehende Kunden, die im Contact Center angerufen haben. Dieses arbeitet nach dem „Next best action“ Prinzip: Das System schlägt eine zusätzliche Option oder ein weiteres Produkt vor, der Mitarbeiter entscheidet jedoch letztendlich, ob er es dem Kunden anbieten will.

Dabei werden die Produkt- und Dienstleistungsvorschläge des Systems aufgrund von Erfahrungswerten und Wahrscheinlichkeiten errechnet. Das System vergleicht die Situation des anrufenden Kunden mit der Situation von Kunden, die ebenjenes Produkt bereits gekauft haben. Findet es Ähnlichkeiten, erhöht dieses die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Abschlusses. Dazu sind jedoch vielfältige Informationen notwendig: Neben den klassischen Basisinformationen benötigt ein Unternehmen eine möglichst vollständige Kundenkontakt- und Kaufhistorie über alle Kunden, um die notwendigen Vergleiche ziehen zu können. Auch soll das „CRM-System auf einen Blick wertvolle Informationen über den Kundentyp wie z.B. Kaufklasse, Life Cycle, letzte Erlebnisse geben“ fordert Marilley. Dies erfordert neben einem adäquaten Vergleichs- und Schätzmodell aus dem analytischen CRM einen langfristigen strategischen Plan, wie man an diese Informationen kommt.

Darüber hinaus muss das Bedürfnis des Kunden klar sein. Und zwar muss nicht nur die Frage geklärt sein, ob dem Kunden ein bestimmtes Produkt noch fehlt sondern auch ob dieser Willens und in der Lage ist, für dieses Produkt zu bezahlen. Andersherum: das Unternehmen muss wissen, welches grundlegende Bedürfnis der Kunde mit dem Produkt befriedigen will. Denn dieses Bedürfnis bestimmt die Ansprache des Kunden am Telefon. Interessiert sich der Kunde für die Leistung des Unternehmens aus bestimmten rationalen Nutzenerwägungen, ist es also für ihn zweckmässig, wirtschaftlich oder sicher? Oder spielen soziale Erwägungen wie bspw. Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder Prestigeerwägungen eine kaufentscheidende Rolle? Oder sucht der Kunde gar Erlebnisse, Freude, Spass oder ähnliche Emotionen? Viele Unternehmen haben die Motivation ihrer Kunden für einen Kauf bislang nur unzureichend durchdrungen, zeigen Forschungen der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Unternehmensberatung Peppers&Rogers Group.

Genau deswegen plädiert Alfons Livers von der UBS für eine entscheidende Rolle des Call Center Agenten. „Gespür“ ist matchentscheidend. Dieses „ passiert nicht per Zufall sondern ist das Resultat entsprechender Ausbildung und erworbenen Kompetenzen. Gutes Zuhören, Empathie und die Freude am Umgang mit Menschen bilden dazu die Basis.“ erklärt Livers.

Die Frage stellt sich jedoch, ob der Fokus auf die von Livers und Marilley skizzierten Erfolgsfaktoren zukünftig ausreicht. Traditionellerweise betrachten Unternehmen nämlich lediglich die Interaktionen zwischen Mitarbeiter und Kunde am Telefon, die zu einem direkten Abschluss führen. Schon heute finden für den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen wichtige Konversationen zwischen Kunden eines Unternehmens statt, ohne dass dieses davon erfährt. Diese Touchpoints werden zukünftig mehr und mehr für die Entscheidung eines Kunden entscheidend sein, ob dieser den Vorschlag seines Contact Center Agenten auch annimmt. Es ist also keine Option mehr, bestimmte Touchpoints, bspw. soziale Netzwerke zu ignorieren.

Daher empfiehlt es sich bspw. die Konversationen über Produkte und Dienstleistungen unseres Unternehmens in derartigen Netzwerken wie Facebook oder Twitter zu monitoren und ggf. der Kundenhistorie einzelner Kunden zuzuordnen. Man erfährt so im Idealfall, für welche Produkte sich ein Kunde interessiert oder ob er gerade ein Problem mit unseren Angeboten hat, über welches wir mit ihm ins Gespräch kommen sollten, um die Kundenzufriedenheit – und damit die Voraussetzung für ein Cross- oder UpSelling – hoch zu halten. Unter Umständen können wir sogar an den Diskussionen zwischen Kunden und potentiellen Kunden an diesen Touchpoints partizipieren, also die Sicht des Unternehmens einbringen. Sicher ist jedoch, dass eine derartige Interaktion als Grundlage für einen Verkauf bestimmten Verhaltensregeln folgen sollte.

Darüber hinaus erfordern Dialoge mit dem Kunden in sozialen Netzen bestimmte Kompetenzen des Unternehmens. Das Technologieunternehmen Gartner Group fasst diese Überlegungen bezüglich Aufbau von Kompetenzen und Erstellung eines Verhaltensregelwerks für die beteiligten Mitarbeiter unter dem Begriff „Social CRM Strategy“ zusammen, betonte jedoch jüngst in ihrem Webinar „Quo vadis CRM?“, dass nach Schätzungen lediglich etwa 30% der Unternehmen aufgrund von Komplexität und Geschäftsvolumen Bedarf für eine derartige Strategie haben.

Es bleibt festzuhalten, dass Unternehmen zunehmend einfallsreich werden müssen, um über Internet oder Telefon zukünftig Leistungen an bestehende Kunden verkaufen zu können. Matchentscheidend wird dabei mit Sicherheit das Wissen über Bedürfnis, Kanalpräferenz und idealen Kontaktzeitpunkt des Kunden sein. Operativ entscheidet jedoch weiterhin das Gespür des Mitarbeiters, es sei denn, dass es dem Unternehmen möglich wird auch über zusätzliche Touchpoints wie bspw. soziale Netzwerke Informationen über den Kunden zu erhalten und seine Einstellungen und Bedürfnisse kennen zu lernen. Ob das den heutigen Grossunternehmen in absehbarer Zeit gelingen kann, darf sicher kontrovers diskutiert werden.

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