Die CRM Trends 2017 – von Kleinstmomenten und künstlicher Intelligenz!

Launige Worte zum Einstieg: Zum zwölften Mal hier nun meine CRM Trends des Jahres. Diese basieren wie in den Vorjahren auf ca. 50 Fachinterviews mit Experten wie Technologie-Consultants, Finanzanalysten, Praktikern und Peers an zwölf Hochschulen weltweit. Über diesen Blog hinaus werden sie in drei Print-Magazinen und mehreren Online Plattformen publiziert. Und wie in jedem Jahr werde ich auf alle Themen in den nächste Wochen detailliert eingehen.

Die CRM Trends für das Jahr 2017 sind:

1. Micro Moments ergänzen die Customer Journey – wie Datenriesen das Timing der Kundenbeziehung beherrschen.

Vor einigen Monaten hat Google in den USA das „Micro Moments“ Konzept vorgestellt. Wir erachten dieses als ausgesprochen relevant, da es auf hervorragende Weise Emotionen und methodisches Vorgehen bei der Gestaltung der Kundenbeziehung unterstützt. Auf der Basis von drei einfachen Kernregeln für Unternehmen gilt es, den richtigen Kunden mit den richtigen Inhalten zum richtigen Zeitpunkt über den richtigen Touchpoint zu erreichen. Über die Auswahl des „richtigen Kunden“, der „richtigen Botschaft“ und des „richtigen Touchpoints“ weiss die CRM Wissenschaft bislang schon recht viel. Gerade zum Touchpoint Management ist viel geschrieben worden. Das Timing ist aber ein klassisches „Trial and Error“ Problem. Wer hier viele Daten über die Kaufgewohnheiten von Kunden hat, ist klar im Vorteil. Und das gilt für Google in hohem Masse. Denn weiss man einmal, was der Kunde will bzw. sucht, und weiss man auch, wo der Kunde sich mit seinem Mobile befindet, kann man auch den Anspruch an solche Kleinstmomente erfüllen: „be there, be useful, be quick“. Google schreibt in diesem Zusammenhang von „I-want-to-know Moments“ (Informationssuche) „I-want-to-go Moments“ (orts- oder zielbezogene Anfragen), „I-want-to-do- Moments“ (die ja vor allem einen intelligenten Self-Service promoten können) und „I-want-to-buy Moments“ (die man ja wohl nicht extra übersetzen muss). Interessant wird es, wenn Unternehmen solche Momente in die Customer Journey integrieren, um dem Kunden WIRKLICH nützlich zu sein.


2. Customer Relationship Automation – wie Routinen in Beziehungen Zeit für mehr Relevanz schaffen.

Vor einem Jahr haben wir an dieser Stelle festgestellt, dass CRM langsam aber sicher das „Plateau der Produktivität“ erreicht. Das hat vor allem auch mit dem rapiden Fortschritt der Automatisierung zu tun. Testen Sie mal in Ihrem präferierten eShop, wie gut Ihre Anbieter Sie kennen. Interessanterweise findet diese Sichtweise langsam auch Einzug ins klassische CRM. Denn: Verkäufer gerade von erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen verbringen immer noch zu viel Zeit mit dem Eingeben von Daten und administrativer Systempflege. Die Frage ist nun, wie Unternehmen Daten aus Dialogen und Käufen sowie Nutzungen der Produkte und Dienstleistungen oder auch aus Serviceinteraktionen mit ihren Kunden automatisch ins CRM System bekommen können. Clara Shih, CEO von Hearsay, hat dies vor einigen Monaten im Harvard Business Review gut beschrieben. Wenn das über die bekannten und neue IoT Routinen geregelt ist, stellt sich jedoch eine weitere Frage: Wo bekommen Unternehmen die Verkaufskräfte her, die mit den interpretierten Daten arbeiten und einen grösseren Anteil ihrer Zeit beim Kunden verbringen können?


3. Voice Analytics – wie die menschliche Sprache Zufriedenheit signalisiert und Befragungen ersetzt.
Auf diesen Trend bin ich schon hier und hier eingegangen: Erst 7% aller Unternehmen nutzen Voice Biometrics oder Voice Analytics. Das zeigt das Service-Excellence Cockpit auf. Hier wird 2017 ein enormer Sprung geschehen. Denn ist es heute schon möglich, durch eine geschickte Verknüpfung von Big Data und psychologischen Modellen aus der Aufzeichnung des Kundendialogs die Zufriedenheit oder die Kaufbereitschaft eines Kunden zu Beginn und am Ende des Gesprächs zu ermessen. Und das ganz ohne eine Befragung. Das gleiche Tool analysiert auch die Zufriedenheit und den Grad an Herausforderung des Mitarbeiters. Eine Früherkennung des „Bore-out-Syndroms“, welches beispielsweise im Contact Center klassischerweise zu hoher Fluktuation führt, wird nun ebenfalls ohne weitere Befragungen möglich. Die Technologie ist im vergangenen Jahr wesentlich bezahlbarer und anwendbarer geworden. Wichtig scheint dabei, dass derartige Voice und Text Analytics Lösungen fast in Echtzeit vorliegen, um geschickt über die Steuerung der Kontakte entscheiden zu können und mittelfristig auch in Ausbildung und Coaching des Agenten investieren zu können. Überdies muss die Fülle an wenig intelligenten Befragungen von Kunde und Mitarbeiter ohnehin drastisch reduziert werden. Wenn die Standortbestimmung der Beziehung nach jedem Dialog zum sinnentleerten Standard wird, nervt das nämlich die allermeisten Menschen schon.


4. Chatbots – wie künstliche Intelligenz immer rascher lernt und sinnvolle Dialoge ermöglicht
Das Thema Chatbots war sicher DAS Hypethema 2016. Kein Wunder, liegt doch in der Automatisierung des Dialogs ein riesiges Sparpotential. Nur das demonstrierte Ergebnis ernüchterte zumeist: „Entschuldigung, das verstehe ich nicht“ las man recht oft. Auch hier fragt man sich, wann Chatbots Kundendialoge so ergänzen oder gar führen können, dass ein Mehrwert entsteht. Für einfache Kundendialoge in Branchen mit vielen Service- oder Bestellungskontakten rechnen wir hier mit einem Durchbruch per Ende 2017. Dies wird jedoch davon abhängen, wie gut es den Unternehmen gelingt, Kunden in einen Person to Person Chat zu bringen. Genau von solchen Dialogen lernt der Bot nämlich. Auch wird man sich in Branchen mit vielen Kundenkontakten Gedanken machen müssen, wann man aus einem botbasierten in einen menschliche Dialog umschaltet. Monitoring und Kapazitätsplanung werden in diesem Arbeitsfeld des CRM schon im nächsten Jahr matchentscheidend.


5. Abschied von der Segmentierung – von Spielzügen zu Spielregeln!
Schlussendlich heisst es Abschied zu nehmen. Von der Segmentierung. Gerade wenn wir mit der Logik von Micro Moments und Relationship Automation konfrontiert sind, kann eine Segmentierung auf der Basis weniger Kriterien nicht mehr mithalten:
  • Zum einen ist da die Selbstsegmentierung. Der Kunde entscheidet auf Basis seiner Präferenzen selber, wie viel er für welches Produkt und welchen Service ausgeben will. Das kann sich natürlich auch jederzeit, wenn eine neue Entscheidungssituation ansteht, wieder ändern. Bei Autokauf oder beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags ist dies seit Jahren gang und gäbe.
  • Zum anderen ist da die Tatsache, dass Unternehmen mit einer grossen Datenbasis wie Google, Apple, Facebook oder Amazon auf Basis des Kundenverhaltens Voraussagen treffen, wie sich der Kunde entscheidet und wo seine Präferenzen liegen. So sind sie in der Lage, situativ dem Kunden das für ihn passendste Angebot zu machen. Der Kunde empfindet dies häufig als besonders relevant und nimmt das Angebot an. Der Erfolg gibt diesen Unternehmen Recht.
In diesem Zusammenhang ist gut zu erkennen, dass sich die Segmentierung auch inhaltlich verändert. Wichtig ist es, hier nicht mehr jeden Spielzug der Marktbearbeitung grosser Gruppen vorauszudenken (Wie bewerben wir welches Segment?) sondern es gilt Spielregeln für den Einzelfall zu definieren (Was tun wir mit dem Kunden, wenn folgender Fall eintritt?). Die Kunst, solche Fälle voraus zu denken und die entsprechenden Spielregeln aufzustellen, wird zukünftig über die Profitabilität von Beziehungen wesentlich mitentscheiden.

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