Update on Voice - Neues zum Thema Einsatz von sprachbasierten Unterstützungssystemen im Kundenservice

Launige Worte zum Einstieg: Bevor wir einsteigen müssen wir wahrscheinlich erst mal dem Deutschen Dialogmarketing Verband DDV gratulieren. Dieser Tage ist er 70 geworden und wieder Erwarten findet sich in der Festschrift zu diesem Jubiläum nicht nur ein vielstimmiges Loblied auf die Präsidenten des Verbandes (welche ja auch  einem grossen Teil als Geschenk an die Menschheit gesehen werden müssen), sondern vor allem Zahlen, was diese Branche heute ausmacht. So wurde 2016 für Telefonmarketing in Deutschland 1.2 Milliarden Euro und für physische Werbesendungen knapp 8 Milliarden Euro ausgegeben. Und nun stelle ich mir die Frage: Welcher Kunde will denn Anrufe und Werbesendungen heute noch haben? Ich denke, nach 70 Jahren kommt auf diese Branche auch unter dem Gesichtspunkt der Automation und der zunehmenden Kundenforderung nach Relevanz eine harte Zeit zu. Dazu habe ich in diesem Zusammenhang ein Interview gegeben, welches die wunderbare Vera Hermes geführt hat, die neuerdings die Chefredaktion der "absatzwirtschaft" verstärkt. Es resultiert ein gar wunderbares Geschreibsel.

Aber nun folgt: Das Update on Voice

Ausgehend von einem zweiten Interview, welches ich dem deutschen Handelsblatt zur Bewertung der Lösungen des Start-Ups i2x gegeben habe, habe ich mir anlässlich eines zweitägigen Besuch auf der diesjährigen CCW in Berlin vorgenommen zusammen zu stellen, wie Voice Analytics und Biometrics die Bereiche Kundenservice und Verkauf verändern. Dazu habe ich ja schon einmal vor einigen Monaten gebloggt. Der Sprung, den die Technologie in diesen 14 Monaten gemacht hat ist enorm. Einerseits bieten heute viele Unternehmen mehr oder minder fortgeschrittene Lösungen zur Identifikation des Kunden am Telefon an. Nachdem in den vergangenen Jahren ja schon grosse US-amerikanische Technologiefirmen wie Nuance oder Nice die Voice Biometrie auch in der Schweiz salonfähig gemacht haben, werden technologische Lösungen zunehmend auch für den Mittelstand interessant. Eine Identifikation kann in diesem Zusammenhang mehr oder minder sophistiziert ausgeführt werden. Lösungen wie Pindrop beispielsweise ergänzen den Stimmabdruck mit einer tiefgehenden Analyse des Telefonverhaltens bzgl. des in Anspruch genommenenen Netzwerks, des verwendeten Endgeräts und der Bedienung desselben. So können wirklich "wasserdichte" Identifikationen des Kunden in kürzester Zeit vorgenommen werden.

Über die Identifizierung des Kunden hinaus ist aber interessant, was Machine Learning im Zusammenhang mit der Analyse der Stimme des Kunden heute möglich macht. So ist neben i2x dessen Ansatz im Handelsblatt-Artikel aus dem Medienhaus Holtzbrinck beschrieben wird vor allem der Ansatz von Precire und Voixen interessant. Während ich Precire in einem früheren Blogpost schon einmal beschrieben habe, hat die Lösung von VoiXen unsere Kunden, mit denen wir an den Ständen der CCW unterwegs waren, sehr beeindruckt. Hier geht es vor allem um die Auswertung von Gesprächen. Gerade in Projekten, in denen die Basis für ein  systematisches CX Management gelegt wird, arbeiten wir häufig mit der Erstellung einer Kundencharta. Hier werden für die Mitarbeiter grundlegende Verhaltensweisen, Einstellungen und auch "Dos" and Don`ts im Kundenkontakt definiert. Hinterlegt man diese Regeln im System und zeichnet alle Gespräche auf, kann man nun bspw. auswerten, wie häufig und gut diese Regeln befolgt wurden oder nicht. Zu Coachingzwecken kann eine Führungskraft dann nach einem spezifischen Sachverhalt suchen, ein Gespräch selektieren, in dem genau dieser Sachverhalt vorkommt und dieses mit dem Agenten besprechen. Häufig sind solche Coachinggespräche in der Praxis sehr aufwendig, da man erst einmal ein passendes aufgezeichnetes Gespräch finden muss. Hat man dieses dann gefunden, kann ein Mitarbeiter im Telefonkontakt immer darauf hinweisen, dass es sich ja bei dem gefundenen Sachverhalt "um eine Ausnahme handelt". Eine auf einer solchen Kundencharta basierende Führung ist so verhältnismässig mühsam.      

Und dann ist da ja bei allen Lösungen, die auf einer Speech-to-Text basierten und mehr oder minder intelligenten Auswertung beruhen, das Problem der Sprachen. Hochsprachen wie Deutsch, Englisch, Spanisch oder Französisch sind in der Regel gut abgedeckt. Aber gerade in der Schweiz ist man ja mit Mundart konfrontiert. Und da haben internationale Lösungen häufig ihre "blinden Flecken". Auf die Frage, wann denn Dialekte auf der Entwicklungs-Agenda stehen erntet man häufig ein Achselzucken. In dieser Lücke positionieren sich die Lösungen von Spitch. So sieht man bereits erste Anwendungen am Markt, in denen etwas gelingt, was ich seit Jahren versuche: Die Schweizer zu verstehen.

Schlussendlich: Die Studie der Woche 

Wie Voiceanwendungen im Rahmen des Conversational Commerce den Vertrieb verändern werden, zeigt die ausgesprochen informativ aufgemachte Studie von Cap Gemini Consulting. Auf einer Basis von über 2500 befragten Kunden in Deutschland, Frankreich, USA und dem Vereinigten Königreich zeigt die Studie auf, was Menschen, die auf Voicebots Zugriff haben, bereits damit machen (Bild 1). Darüber hinaus geht die Studie auf Basis von sogar 5000 Interviews davon aus, dass 2020 immerhin 40% aller Kunden per Voicebot auf die Informationen von Firmenwebseiten oder Apps zugreifen werden. 31% der Befragten glauben, dass sie mit Ihrer Stimme einkaufen oder Bankgeschäfte erledigen werden. Bemerkenswert sind solche Zahlen natürlich im Rahmen von Überlegungen zum Up- und Cross-Selling. Oder, wie ich es im Interview zum 70jährigen Bestehen des Deutschen Dialogmarketing Verbandes ausgedrückt habe: Bots verkaufen halt nicht.



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