CEX Trendradar: Ist CX Governance der "Trend der Trends"?

Launige Worte zum Einstieg: mittlerweile ist die "CX Dialog" schon wieder Geschichte und wir haben wirklich tolle Vorträge gehört. Harald und ich haben dort den CEX Trendradar 2022 vorgestellt. Und zur Illustration habe ich unten ein kleines Video eingefügt. ich möchte heute mal das Thema "CX Governance"vorstellen. Wir haben es ja im letzten Jahr als einen sehr wichtigen Trend in den CEX Trendradar eingeführt und durch ein Gespräch mit Peter Pirner (ja, den Host der CX Talks) in der letzten Woche ist mir noch einmal klar geworden, wie wichtig diese Aspekte gerade jetzt sind.  

CX Governance – organisatorische Notwendigkeit für skalierbare Kundenerlebnisse

In diesem Trend wird die Fähigkeit des Unternehmens betrachtet, sich organisatorisch so aufzustellen, dass durchgehende Kundenerlebnisse ermöglich werden. Wer betreibt eigentlich Customer Experience Management? Gut, die meisten Unternehmen haben eine Abteilung, die so benannt wird. Deren Impact ist jedoch stark davon abhängig, wie sich diese Abteilung versteht und mit welcher hierarchischen Befugnis diese im Alltag ausgestattet ist. 

Vielleicht beginnen wir einmal mit dem Verständnis. Ein typischer geringer Reifegrad zeigt eine Abteilung, die auf der dritten oder noch tieferen Hierachiebene im Bereich „Marketing“ angesiedelt ist, die sich primär mit der Erfassung und dem Design von Customer Journeys auseinandersetzt. Ein hoher Reifegrad hingegen wäre eine Bereichsfunktion, die sich im Auftrag des CEO mit den Regeln der Kundenorientierung auseinandersetzt und andere Organisationseinheiten befähigt, systematisch im Sinne des Kunden zu denken und zu handeln. 

Der Gründer von Amazon.com Jeff Bezos hat das in seinem Unternehmen ebenso systematisch wie pragmatisch umgesetzt. Bei jeder Sitzung wird der inzwischen legendäre leere Stuhl für den Kunden an den Tisch gestellt. Jede Entscheidung wird auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Kunden betrachtet und diese Betrachtungen fliessen in die schlussendliche Entscheidungsfindung ein. Nun stellt sich die Frage, wie Unternehmen, die heute noch mehrheitlich Inside-Out geführt werden, schlagkräftige Entscheidungsgremien aufstellen, in denen der Kunde repräsentiert wird.

Die Rolle einer organisatorischen „CX Einheit“ muss sich in diesem Zusammenhang vom „Designer“ zum „Befähiger“ wandeln. Das bedeutet aber auch, dass CX Manager sich ein gutes Stück weit als Change Agents verstehen müssen. Ich habe dazu ja vor einiger Zeit einmal mit Cordula Winter von der AXA gesprochen. Grundsätzliche Fähigkeiten beispielsweise zum Design einer Customer Journey sollten in diesem Zusammenhang alle kundenorientierten Funktionen in Marketing, Vertrieb und Service haben, die an der Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation (also der Prozessgestaltung) arbeiten. 

In diesem Zusammenhang muss auch das Problem organisatorischer Silos noch einmal thematisiert werden. Eine Customer Journey ist aus Sicht des Kunden immer durchgängig. Kunden sind an der Lösung ihrer eigenen Probleme, ihrer „Jobs-to-be-done“ interessiert. Wer im Unternehmen welche Aufgabe und Verantwortlichkeit hat, interessiert sie nicht. Daher geht es bei der CX Governance auch um eine organisatorische Duchgängigkeit und Ermöglichung dieser Orientierung auf die „Jobs“ des Kunden. Grundsätzliche Regeln für das Mitarbeiterverhalten wie „Kundenhilfe vor Abteilungsgrenze“ sind in diesem Zusammenhang notwendig, um so etwas zu ermöglichen. Gleichzeitig ist es wichtig, den (finanziellen) Spielraum einzelner Mitarbeiter zu definieren und ggf. zu erweitern, um nicht nur agil die Organisation zu entwickeln sondern auch agil im einzelnen Geschäftsvorfall agieren zu können.

Man sieht, der Bereich CX Governance definiert die grundlegenden „Spielregeln“, was Customer Experience Management für eine Organisation bedeutet. Und das stellt (heute noch) für die meisten Unternehmen eine Abkehr vom bisherigen Management dar. Wir gehen daher davon aus, dass sich dieser Trend am langsamsten entwickeln wird, da häufig noch nicht die Notwendigkeit für derart radikales Umdenken gesehen wird. Leuchtturmprojekte wie die CX Plattform Projekt der neu etablierten SMART geben uns aber Anlass zur Hoffnung, dass gerade neu- oder wiedergegründete Unternehmen auf der „grünen Wiese“ solche Überlegungen zur CX Governance von vorneherein als Teil ihres Business Modells etablieren. Das hat Björn Schick, Director CX von SMART ja auch bei seiner Keynote am CX Dialog mit den Worten "Keine Egos. Keine Silos. Kein Bullshit" aufgezeigt. 

Die Trendprognose zeigt jedoch, dass noch nicht jedes Unternehmen dafür bereit ist. 

Wir gehen daher davon aus, dass sich dieser Trend sehr langsam entwickeln wird, da hier an den fundamentalen Entscheidungsspielregeln eines Unternehmens gerüttelt wird. Das ist primär mit enormen Willen oder auch Druck zur Veränderung verbunden. Spannenderweise gibt es offenbar immer noch viele Unternehmen, die davon ausgehen, Kundenorientierung rein mit der Implementation neuer Technologien schaffen zu können.

Das zeigt auch, wie versprochen, dieser kleine Insight in den CEX Trendradar 2022 als Vortrag von Harald und mir in der vorletzten Woche:

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