Sind Social Networks wirklich sozial?

Launige Worte zum Einstieg: Grad war ich mit meinen Studierenden von der Hochschule Luzern in Berlin. War grossartig, aber man kommt ja zu nix. Wozu wir aber gekommen sind, war ein fantastischer Vortrag des Geschäftsführers des Kulturkaufhauses Dussmann, Herrn Hartwig Schulte-Loh. Ebenso bemerkenswert wie die vorbildliche Anwendung des Genitivs im vorhergehenden Satz ist dabei, dass Schulte-Loh mit dem Kulturkaufhaus dem Berliner Senat seit etwa 10 Jahren schon gewaltig auf die Nerven geht. Und zwar würde das Kulturkaufheus gern JEDEN Tag von 10 bis 24 Uhr geöffnet haben. Und wenn die sagen "JEDEN Tag" meinen Sie "JEDEN Tag". Und das ist halt in Berlin nur ausnahmsweise erlaubt. Aber die Ausnahmen sind schon zahlreich. Bspw. für Schwimmbäder. Und dann kann man ja auch in ein Kulturkaufhaus etwa 10 Planschbecken stellen und es am Sonntag als Schwimmbad öffnen. Oder man spannt eine Zeltplane zum Bahnhof Friedrichstrasse und nutzt (als Teil des Bahnhofs) die Sondererlaubnis für Bahnhöfe. Neu hat Schulte-Loh eine 3500 Jahre alte Sphinx als Leihgabe des Ägyptischen Museums im Kulturkaufhaus und nimmt die Sonderregelung für Museen in Anspruch. Herrlich kundenorientierte Anarchie und ein Beispiel für excellente PR.

Kundenerfahrung der Woche: XING
Was mir immer bei Unternehmen ganz erheblich auf den Senkel geht, ist Bigotterie in Sachen Werbung. In meine ganz persönliche Flitzpiepensammlung haben es daher diese Woche die Plattform XING und insbesondere der Moderator der Call Center Gruppe & Helpdesk geschafft. Seit 2004 bin ich mit einem leidlich guten Profil auf Xing vertreten. Seitdem ist Werbung von Netzwerk her verboten, denn "man möchte ja bei den Vertretern der Web 2.0 Generation" ernst genommen werden. Ist ja auch gut so. Doch nun hat man wohl gemerkt, dass das (übrigens: geniale) Businessmodell wohl doch kein so blauer Ozean ist, wie ursprünglich geplant. Denn, die einzelnen Foren werden schon stark zum Austausch von Geschäftsinformationen genutzt, nur meist stark gesteuert vom Moderator des jeweiligen Forums. Tja, dachten sich die XING Verantwortlichen und führten über Nacht Werbung auf den Mitgliederprofilen ein. Und zwar ohne Vorinformation. Und das führte dann sehr schön dazu, dass bspw. jemand von der Deutschen Bank Werbung vom Konkurrenten "Comdirekt" aufs Profil bekommt. Danke übrigens an Till Hahndorf für den Screenshot. Genialer Typ der Hahndorf. Kennt sich mit Offshore Outsorcing bestens aus. (DAS war gute Werbung!). Die XINGler haben das aber gemerkt und lassen es jetzt grösstenteils bleiben, weil das offenbar Niemand wollte.

Den Vogel abgeschossen hat aber in der letzten Woche der Moderator der Xing-Gruppe Call Center & Helpdesk Christoph Busch. Interessanter Typ. Einzelberater. Nutzt seine XING-Gruppe mit 2.000 Leuten dazu, Werbung für sich zu machen und positioniert sich dabei doch meistens recht nah an den Interessen der Call Center Branche. Auch gibt es auf diesem Board überaschend viel Werbung für Events der Branche. Aber offenbar sortiert der Herr Busch nach recht interessanten Kriterien. Als wir kurz im Veranstaltungsboard auf den neuen Studiengang CAS Customer Focus, den die Hochschule Luzern zusammen mit dem Schweizer Call Center Verband CallNet.ch gestartet hat, aufmerksam gemacht haben, wurde ich der Gruppe verwiesen. Begründung: Unerlaubte Werbung. Tja, wir haben halt den Herrn Busch nicht gefragt, ob er mitmachen will. Und wir wissen auch, weswegen...

Und das passt auch noch gut zu diesem Thema "Werbung - und wenn ja wie?" Die CRM-Studie der Woche: Web 2.0-Ansätze sind bei Banken-Websites nur in wenigen Ausnahmefällen zu finden. Dies zeigt eine nicht-repräsentative Untersuchung am Kompetenzzentrum Finanzen der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg. Die meisten Banken-Websites verfolgen im Sinne des Push-Marketing die Strategie der undifferenzierten Vermarktung von Produkten und Services. Im Fokus steht die Selbstdarstellung. Der derzeitige Hype um Web 2.0 verstellt den Blick auf den eigentlichen Kern, der darin steckt. Dieser Kern ist weniger technologischer, sondern vielmehr kultureller Natur. Die neuen Technologien können die Beziehungen zwischen Anbietern und Abnehmern, Banken und Kunden dauerhaft verändern. Aber Web 2.0 als "Architektur der Mitwirkung aller" ist diametral zum heutigen Ansatz von Banken-Websites.
Ein demokratisch geprägter Wissensaustausch gerät schnell in einen Konflikt mit hierarchischen Unternehmenskulturen. Daher ist Web 2.0 bei Banken derzeit so selten zu finden. Die ganze Studie gibt es hier.

Kommentare

Christoph Busch hat gesagt…
Sehr geehrter Herr Dr. Hafner,

in Ihrem Beitrag vom 22.01.2008 kritisieren Sie mich in meiner Funktion als Moderator der Gruppe "Callcenter & Helpdesk". Leider haben Sie mich über Ihre Kritik nicht informiert, sodass ich erst heute – nachdem ich zufällig auf Ihren Beitrag aufmerksam wurde – Stellung beziehen kann.

Gleich vorweg: Wer soziales Netzwerken fordert, kann an sich durchaus den Anspruch sozialen Verhaltens erheben. Dies gilt insbesondere dann, wenn er sich anmaßt, über das Verhalten anderer, wie auf Ihrer Website üblich, zu (be)richten.

Aber lassen Sie mich kurz, abseits von Kants Moral, Stellung zu Ihren Ausführungen beziehen:

Ja, Sie haben Recht, Ihren Beitrag, den Sie übrigens – entgegen Ihrer Berichterstattung – im Forum "Personal Aus- & Weiterbildung" veröffentlicht haben, hatte ich als Werbung klassifiziert. Dies gilt umso mehr, als dass Sie, lieber Herr Dr. Häfner, bis zu diesem Zeitpunkt in der Gruppe "Callcenter & Helpdesk" keinen einzigen Diskussionsbeitrag geleistet hatten. Es entsteht somit der Eindruck der Drittbrettfahrerei. Des Weiteren weise ich in der Gruppenbeschreibung ausdrücklich darauf hin, das die Gruppe der fachlichen Diskussion dient und daher Werbebeiträge gelöscht werden. Mit dem Beitritt zur Gruppe hatten Sie diese Regel akzeptiert, sich jedoch nicht daran orientiert. Sie hätten mich somit zumindest vor der Veröffentlichung Ihres Anliegens bzgl. meiner Einschätzung fragen können.

Ihre Kritik dahingehend, dass Sie damals aus der Gruppe ausgeschlossen wurden, halte ich hingegen für berechtigt. Ich habe meine Vorgehensweise längst geändert, lösche nach wie vor Werbebeiträge, belasse es jedoch bei der Mitgliedschaft und einem dezenten Hinweis, dass Werbung nicht erwünscht ist. Zudem handelt es sich in Ihrem Fall nicht um einen von Willkür des Moderators geprägten Einzelfall. Leider musste ich über die vergangenen fünf Jahre immer wieder Mitglieder an den Sinn und Zweck der Gruppe erinnern.

Dennoch habe ich seit bereits über einem Jahr ein Forum "Veranstaltungshinweise" eröffnet, um Mitgliedern die Möglichkeit zu eröffnen, andere Mitglieder über interessante Veranstaltungen und Weiterbildungsmöglichkeiten zu informieren.

Insofern biete ich Ihnen an, Ihre Mitgliedschaft zu reaktivieren. Sie können somit zukünftig auf Ihre Veranstaltungen gerne in dem Forum "Veranstaltungshinweise" aufmerksam machen. Eine kurze Nachricht wäre diesmal zweckmäßig.

In diesem Sinn mit freundlichen Grüßen in die Schweiz
Christoph Busch
Prof. Dr. Nils Hafner hat gesagt…
Tja, Herr Busch, offenbar haben Sie zumindest in Teilbereichen dazugelernt. Konkurrenz belebt offenbar das Geschäft.
Da ich in der "neuen" Gruppe Call Center Club da doch einige ähnlich gelagerte Kommentare über die von Ihnen gemanagte Gruppe gehört habe, bleibe ich dort, wo ich mich wohlfühle (zumal diese Gruppe inzwischen etwa doppelt so viele Mitglieder hat) und verzichte dankend auf ihr Angebot und etwaige erneute Versuche mit ihrer Gruppe Call Center & Helpdesk. Ihr Kommentar spricht ja diesbezüglich Bände. Ich weiss, woran ich bin.
Beste Grüsse
Nils Hafner

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